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Kirche in WDR2 | 19.02.2024 | 00:00 Uhr

Das ist der Mensch. Auch: Impulskontrollstörung, Borderline, dizzosiale Persönlichkeitsstruktur

und natürlich gewaltbereit.

Testo. Die wahrscheinlich schmutzigste Serie im

öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Fünf Gangster im Freigang überfallen eine Bank

und nehmen sechs Geiseln: drei Männer und drei Frauen.

Zwei von ihnen werden ermordet.

Eine Geisel wird erschossen, weil er nervt. Von

wegen mangelnde Impulskontrolle.

Die zweite

– die Filialleiterin hat sich – weil sterbenskrebskrank –für eine Erschießung

angeboten – falls nötig.

Das ist alles schnell, laut, dreckig und brutal. Ok.

Was soll das? Unterhaltung. Gute, wie ich

finde.

Die Sache ist auch zwischendurch so abstrus, das

sie wieder witzig ist.

Erst einmal muss ich sagen, worum es mir nicht

geht:

Am Ende heißt es bei mir nicht: Das sind doch

auch nur Menschen. Es sind Täter, die sowohl morden als auch Minuten später mit

dem eigenen Sohn Fussball spielen. Wie kommt er zum Tatort – zu der

überfallenen Bank – mit dem Taxi.

Es sind Täter, die die Geisel, die Vater ist,

freilassen und Vater und Kind zuwinken, als sie zum Erstaunen des Sondereinsatzkommandos von dannen ziehen.

Was ich sagen will: Das sind Menschen. Nicht

auch. Und schon mal gar nicht: nur. Das

sind Menschen. Die sich für das Böse entscheiden und einer sinnvollen Strafe

würdig sind.

Klingt banal. Ist es nicht.

In Zeiten von Überkomplexiät ist es ausgesprochen

herausfordernd die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Wirklichkeiten

auszuhalten.

Das Sowohl als Auch – auszuhalten.

In der Welt und in mir.

Die Uneindeutigkeit.

Bei der gleichzeitigen Notwendigkeit zur

Eindeutigkeit in der Bewertung von Gut und Böse.

Die alte Unterscheidung zwischen Person und Tat, die

wir Evangelischen uns ja in besonderer Weise zueigen machen, geht im Meer der

Mehrdeutigkeiten ja schon mal unter. Dann wird aus dem Kevin, Heinz oder

Achmed, die gemordet haben, der Mörder. Sie verlieren quasi ihren Namen und

heissen nur noch Mörder.

Als Christ glaube ich, dass jede und jeder mehr

ist, als das, was er oder sie tut.

Als Christ glaube ich, dass die Geschichte noch

nicht zu Ende ist.

Meine auch nicht.

Gott sei Dank.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63363_WDR2240219Schnitzius.mp3

  • 19.2.2024
  • Jönk Schnitzius
  • © ARD Degeto/Armin Franzen
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