Panchine Rosse - Rote Bänke

Kirche in WDR2 | 15.04.2024 | 00:00 Uhr

Italien im letzten Sommer.

Die Sonne scheint. Ich sitze auf einer Bank. Genieße ein Gelato alla fragola

und den Trubel um mich herum. Ich gönn‘ mir was und: wunder‘ mich. Wunder‘ mich

über die Blicke der Leute, die an mir vorbeigehen. Ich sitze auf einer roten

Bank; einer Panchina Rossa. Die rote Bank ist in Italien ein Aufschrei

gegen Gewalt gegen Frauen. Das Rot steht für all das Blut, dass zuhause an

aufgeplatzten Augenbrauen trocknet. An all das Blut, dass die OP-Tücher nach

Stich- oder Schussverletzungen oder Tritte mit schweren Schuhen erst rosa, dann

rot, dann braun färbt. An all den Schmerz und die so oft tödlich ausgehenden

Konflikte hinter geschlossenen Türen.

Wieder zuhause

entdecke ich mehr und mehr rote Bänke. Ich würde auch gern‘ ein sichtbares

Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen setzen. Vielleicht ist eine rote Bank vor dem

Gemeindehaus eine gute Idee. Oder in der Kirche ein Platz, vor dem rote Schuhe

stehen. Oder ein Platz auf dem eine rote Tasche steht. Rot für die Gewalt. Aber

auch rot für die Leidenschaft mit der wir uns füreinander einsetzen. Und dazu

der Hinweis, wo man Hilfe bekommen kann, wenn man betroffen ist. Vielleicht

besser noch eine offene Sprechzeit, damit man nicht anrufen muss, nicht vom

Partner oder auch der Partnerin erwischt wird und der Hilfeschrei schlimme

Konsequenzen hat. Es gibt viele Möglichkeiten. Anfangen wär‘ ein Anfang, denk‘

ich.

Stand Anfang April gab

es bereits 39 Femizide in Deutschland. Und das ist nur die Zahl der Frauen, die

durch die Gewalt ihres Partners, Ex-Mannes, Bekannten, Verwandten,

Lebensgefährten, Bruders, Sohnes, Vaters, Mitschülers oder Nachbarn getötet

wurden. Die, die überlebt haben und zuhause weiter gedemütigt, geschlagen oder

vergewaltigt werden, ist noch viel größer. (1) Geschlechtsspezifische Gewalt

ist eine der am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen in der Welt.

Das sagt die Istanbul-Konvention. Darin wird jede Form von Gewalt gegen Frauen

verurteilt. Und außerdem sagt sie, dass geschlechtsspezifische Gewalt kein

Frauenproblem ist. Also nicht allein Sache der Frauen, Lösungen zu finden. (2)

Eine sehr einfache

Lösung kann neben dem Aufstellen von roten Bänken zum Beispiel sein: Frauen

sichtbar zu machen. In der Politik, in Führungspositionen … auf dem Bau. Frauen

müssen gesehen werden. Und wir müssen die Geschichten von Frauen erzählen, die

den Mut haben, der Gewalt zu entkommen. Vielleicht trauen sich dann mehr und

mehr, ihre Geschichten zu erzählen. Ich hoffe das sehr!

Quellen:

(1) https://www.onebillionrising.de/femizid-opfer-meldungen-2024/ (Stand: 04. April 2024)

(2) https://www.panchinerosse.it/materiali (Stand: 04. April 2024)

Redaktion:

Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63808_WDR2240415Riedel.mp3

  • 15.4.2024
  • Julia-Rebecca Riedel
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