Betende Hände

Kirche in WDR3 | 06.04.2024 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Während meiner Zeit als Pfarrer

in einer ostfriesischen Kirchengemeinde ist mir dieses Bild sehr oft begegnet.

Es zeigt zwei feingliedrige Hände, die zum Gebet zusammengelegt sind und

Richtung Himmel weisen. Es ist es wahrscheinlich eine der bekanntesten

Zeichnungen überhaupt: die „betenden Hände“ von Albrecht Dürer. Ich begegne

diesen Händen als Zeichnung oder Relief in den Fluren oder im Wohnzimmer vieler

Häuser. Und manchmal hängen sie bei der Aussegnung Verstorbener im Schlafzimmer

über dem Bett. Vielen Menschen ist die Zeichnung der betenden Hände wichtig und

begleitet sie durch ihr Leben. Sie stehen für die Hoffnung, dass ich mich

vertrauensvoll an Gott wenden kann – mit allem, was mir auf dem Herzen liegt.

Und Gott hört zu.

Albrecht Dürer, der Zeichner

dieser berühmten Hände, starb heute vor knapp 500 Jahren im Alter von 56 Jahren

in Nürnberg. Albrecht Dürer war als talentierter und berühmter Maler eine Art

Superstar seiner Zeit. Er fertigte über 1000 Zeichnungen und Gemälde an, dazu

Radierungen, Holz- und Kupferstiche. Er betrieb ein bemerkenswertes Marketing,

hatte ein extravagantes Auftreten, verwendete ein unverwechselbares Logo und

malte sich häufig selbst in seine Gemälde hinein.

Seine „betenden Hände“ allerdings

wurden erst im letzten Jahrhundert richtig berühmt; sie wurden zu seinem

bekanntesten Werk. Dabei waren sie eigentlich nur die Vorarbeiten für ein

Altarbild, das bei Dürer in Auftrag gegeben wurde. Zur Vorbereitung zeichnete

er die betenden Hände eines Apostels und verwendete seine eigenen Hände dabei

als Muster. Das Altarbild verbrannte später, aber die betenden Hände

überdauerten.

Albrecht Dürer schuf eine große

Zahl religiöser Werke. Er war selbst fest verwurzelt im christlichen Glauben.

Seine „betenden Hände“ zeigen einen intensiven Augenblick der Frömmigkeit und

des Gebets, des Gesprächs mit Gott.

Manche beten in der Haltung, wie

es diese Hände zeigen, andere beten mit ineinander gelegten Händen und

verschränkten Fingern. Beide Gebetshaltungen helfen mir, mich innerlich und

äußerlich zu sammeln. Alle Tätigkeiten, mit denen die Hände sonst beschäftigt

sind, ruhen jetzt. Ich kann mich konzentrieren und zur Ruhe kommen. Meine

Gedanken sortieren, sie aussprechen und in die Stille hören.

Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts

Emnid beten mehr als die Hälfte der Deutschen. Aber nur wenige reden darüber.

Die Menschen in der Bibel sind da nicht so zurückhaltend. „Gott ist nahe allen,

die ihn anrufen“ (1), sagt da jemand voller Überzeugung. Das möchte ich gerne

glauben. Manchmal frage ich mich: Ist Gott wirklich so nah? Hört Gott mich

wirklich? Es gibt Momente, da bin ich enttäuscht. Zum Beispiel, wenn etwas

worauf ich so stark gehofft hatte, nicht in Erfüllung geht.

Aber das Beten ist ja mehr als

wünschen. Das Gebet ist Ausdruck meiner Suche nach Gott. Und manchmal spüre ich

dann, dass es wahr ist: „Gott ist nahe allen, die ihn anrufen.“

Ich sehe es als ein Geschenk,

dass ich mich im Gebet an Gott wenden kann. Daran erinnern mich Dürers betende

Hände.

(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und WDR

5:)

Es grüßt Sie herzlich, Ihr

Dietmar Arends, Landessuperintendent aus Detmold.

Quellen:

( 1 ) Psalm 145,18, Luther Bibel 2017.

Redaktion:

Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63618_WDR35240406Arends.mp3

  • 6.4.2024
  • Dietmar Arends
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