Maximilian
ist mit seinen 32 Jahren in einer Lebensphase, in der er sich fragt, wie er zu
dem geworden ist, der er jetzt ist. Schon in der Schule hatten es ihm die
Naturwissenschaften angetan. Daraus hat er einen Beruf gemacht. Als Journalist
schreibt er über die neusten Erkenntnisse aus Forschung und Technik. Seine
Maxime: „Schreibe über nichts, für das du nicht ausreichend Beweise hast“. Jetzt
merkt er, dass ihm etwas fehlt: Es ist nichts, was er mit seinem Denken
erfassen kann, es ist eher ein Gefühl. „Sehnsucht nach Wärme“, sagt er.
Er
erinnert sich gerne, wie er als Kind mit der Mama im Gottesdienst gewesen ist.
Wenn er an den Kirchgang denkt, hat er heute immer noch ein gutes Gefühl.
Trotzdem denkt er immer wieder darüber nach, aus der Kirche auszutreten. Zu
viele Skandale, zu wenig Relevanz im Alltag, zu viel Abstand im Denken.
Neulich
hat er zu einer Studie recherchiert, die sich mit dem Gesundheitszustand von
religiösen Menschen befasst hat. Die Forscher konnten zeigen, dass gläubige
Menschen, seltener Herzinfarkte erleiden, weniger übergewichtig sind, bessere
Blutdruckwerte haben und ein kleineres Risiko besitzen, abhängig von
Suchtmitteln zu werden.
Irgendwas
muss also dran sein am Glauben, denkt er. Aber was genau ist es?
Auf
einer Party trifft er eine angehende Pfarrerin. „Woher weißt du, dass es Gott
gibt?“, fragt er. „Er war immer schon da, solange ich mich erinnern kann, sagt
sie. Und als ich zehn Jahre alt war, habe ich mich entschieden, dass ich nicht
in die Hölle will, denn: Wer nicht glaubt, für den gibt es keine Erlösung!“ Sie
schickt ihm über Insta ein paar Kanäle, die er sich mal anschauen könne: Er
braucht nicht lange, um durch den Feed zu scrollen, bis er merkt: Das ist
überhaupt nichts für mich!
Wenig
später ist auf einer Dienstreise in Berlin. Er kommt an einem mächtigen
Kirchbau vorbei. Davor sitzt auf einem Klappstuhl eine Pfarrerin. Über ihrem
Talar trägt sie eine Stola in den Farben des Regenbogens. Er setzt sich auf den
noch freien Klappstuhl und sagt: „Ich dachte, queere Menschen kommen in die
Hölle?“ Sie fängt an, zu schmunzeln und sagt: „Wenn es eine Hölle gibt, dann
hoffe ich, dass sie leer ist. Und falls Gott überhaupt Probleme hat, dann am
wenigsten mit der sexuellen Orientierung seiner Menschen.“
Eine
gute Stunde reden die beiden über „Gott und die Welt“ im besten Sinne. „Jetzt
muss ich aber los“, sagt er. „Nicht ohne einen Reisesegen, kommen Sie, wir
gehen in die Kirche.“
Als
die beiden im Altarraum stehen und sie ihm die Hände auf den Kopf legt, spürt
er: Wärme und Sehnsucht; wie damals.
Redaktion:
Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius