Wenn ein Traum zerbricht …

Kirche in WDR2 | 04.03.2024 | 00:00 Uhr

Musik ist total wichtig in

ihrem Leben. Deshalb will sie unbedingt in diesem Bereich arbeiten. Einen Chor

leiten, vielleicht sogar mehrere. Andere Menschen anleiten, so dass etwas

Schönes entsteht. Das ist ihr Traum.

Also arbeitet sie darauf hin.

Schließlich kann sie gut singen und inzwischen beherrscht sie auch das

Dirigieren. Irgendwann ist es so weit, sie tritt ihre erste Stelle an. Nur

leider ist sie total unstrukturiert. Im normalen Choralltag kommen alle damit

einigermaßen klar. Aber vor den Aufführungen ist es kaum zu ertragen. Da rennt

sie wie wild über die Bühne, sucht abwechselnd ihre Stimmgabel und ihre Brille,

legt das Mikrophon so hin, dass allen das Trommelfell reißt und macht auch

sonst jeden verrückt, der nicht mindestens fünf Meter Abstand halten kann.

Deswegen wird die Stimmung im

Chor immer gereizter. Eigentlich bemüht sie sich um ein gutes Miteinander. Aber

wenn sie aufgeregt ist, dann rutscht ihr schon mal eine falsche Bemerkung ‘raus

oder eine unfaire Zurechtweisung.

Deshalb ist es nun passiert.

Ihr Vertrag wird nicht verlängert. Die Chormitglieder haben sich für eine

Neubesetzung ausgesprochen. Mit klarer Mehrheit.

Das trifft sie hart. Sie kann

nicht verstehen, was vorgefallen ist. Traut sich aber auch nicht, nachzufragen.

Stattdessen sucht sie sich eine neue Stelle. Aber obwohl sie sich wirklich

bemüht, sie scheitert erneut. Dieselbe Entwicklung, dasselbe Ergebnis. Doch diesmal

sagt ihr jemand aus dem Chor, woran es liegt. „Für eine Chorleiterin reicht es

nicht, musikbegeistert zu sein. Man muss auch das Drumherum können.

Organisieren. Mit Menschen umgehen. Sich vor Aufführungen im Griff haben.“

In diesem Moment erkennt sie:

Was sie da gesagt bekommt, ist wahr. Für sie bricht eine Welt zusammen. Ihre

Welt. Der Traum, mit Musik etwas Schönes zu erreichen.

Ihr Misserfolg belastet sie

noch lange. Es fällt ihr schwer, zu akzeptieren, dass sie keine gute

Chorleiterin ist. Und auch nie eine sein wird. Beruflich orientiert sie sich in

eine andere Richtung. Aber dass ihr Lebenstraum zerplatzt ist, das macht ihr echt

zu schaffen.

Was ihr hilft, mit dieser

Enttäuschung zurechtzukommen, ist ihr Glaube. Das Vertrauen, dass Gott sie so

annimmt, wie sie ist. Mit dem, was sie kann. Und auch mit dem, was sie nicht

kann. Dieses Vertrauen hilft ihr, sich mit der Zeit auch selbst ein bisschen

besser annehmen zu können. Ein wenig besser mit ihren Schwächen umzugehen.

Etwas positiver auf sich selbst zu gucken. Und schließlich einen neuen Weg für

ihr Leben zu finden.

Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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  • 4.3.2024
  • Martin Vogt
  • © epd-bild / Stefan Arend
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