„Wahrnehmbar und wirksam bleiben" – Beherzte Tagung der Bonner Kreissynode trotz Finanzeinbruch und vieler Herausforderungen

„Wahrnehmbar und wirksam bleiben“ – mit diesem Appell an die Gesellschaft, der zugleich auch eine beherzte Selbstverpflichtung ist, begann und schloss die Bonner Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises am 17. und 18. November im Haus der Evangelischen Kirche.

„Ich stehe für“. 82 mal klare Haltung auf der Bonner Kreissynode für Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen und gegen Antisemitismus (Foto: Johanna Nolte)

Und dieser Auftrag gilt für den Bonner Superintendent Dietmar Pistorius auch und gerade angesichts gewaltiger Finanzeinbrüche. Superintendent Pistorius rechnet allein in 2024 im Kirchenkreis wie in den Kirchengemeinden mit einem Defizit von 2,3 Millionen Euro und 2025 mit immer noch 1,8 Millionen. Erstmals kann der Haushalt des Kirchenkreises Bonn also nur durch Rücklagenentnahme ausgeglichen werden. Ursachen sind der nun erstmalig deutlich spürbare Rückgang der Mitglieder und damit der Kirchensteuer auch in Bonn und der Region sowie die erhebliche Steigerung der Personalkosten, die bei der Kirche rund drei Viertel des Haushalts ausmachen. „Wir investieren unser Geld wesentlich in Menschen, die wiederum für andere Menschen etwas tun, das wird jetzt teurer“, so Pistorius.

Klimaschutz bleibt Priorität der Bonner Protestanten

Dazu kommen die Maßnahmen zur Bewahrung der Schöpfung, die für die Bonner Protestanten weiter Priorität haben. Der Kirchenkreis Bonn will 2035 klimaneutral sein und denkt dabei „nicht nur, alle Gebäude treibhausneutral zu betreiben, sondern auch an Mobilität und vieles mehr“, erläuterte Klimaexpertin Annika Bohlen und Karsten Thon vom Lenkungskreis. Sechs der zwölf Kirchengemeinden aus den Kommunen Bonn, Alfter und Bornheim sind Pilotgemeinden für diesen Prozess, „den wir am Ende gemeinsam meistern werden“, so Superintendent Pistorius.

Krankenhauseelsorge sichern

„Wahrnehmbar und wirksam bleiben“ heißt es auch in der Krankenhausseelsorge. Das Kirchenparlament diskutierte intensiv eine Konzeption für die Krankenhausseelsorge. Sie soll sicherstellen, dass evangelische Kirche auch bei weniger Pfarrerinnen und Pfarrern weiterhin in den Bonner Krankenhäusern mit Seelsorge präsent bleibt. „Wir gehen zu allen Menschen, die nach uns fragen und immer mehr haben keine konfessionelle Bindung“, berichtet Pfarrerin Annette Schmitz-Dowidat, Seelsorgerin am Uniklinikum Bonn. Hier die beschlossene Konzeption der Krankenhausseelsorge: Konzept KKH-Seelsorge KK Bonn (Synodenbeschlussfassung)

Superintendentin Claudia Müller-Bück vom Nachbarkirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel, die in einem Grußwort das enge und so gute Miteinander der evangelischen Kirche in Bonn und der Region betonte (Foto: J. Nolte)

Klare Zeichen setzen gegen Antisemitismus und für Frieden und Gerechtigkeit für alle

Ein deutliches Zeichen der eigenen Haltung setzte die Synode mit einer Schweigeminute zum Auftakt in Gedenken an alle Opfer von Terror und Krieg. „Zugleich verurteilen wir jede Form von Antisemitismus und sagen den jüdischen Menschen in unserer Stadt unsere Unterstützung zu, wo immer sie hilfreich ist und gebraucht wird und widersprechen dem Rückschluss vom islamistischen Terror auf Muslime allgemein“, erklärte Superintendent Pistorius.

Anschubfinanzierung für Begegnungsprojekt von und für Juden mit Muslimen und Christen vor allem in Schulen in Bonn und der Region

Alles 82 Synodale und weitere Gäste der öffentlichen Tagung versammelten sich am Samstag zum Gruppenbild „Haltung zeigen“ mit persönlichen Bekenntnissen, für was ein jede und jeder auch im Namen der Evangelischen Kirche in Bonn und der Region steht: „Frieden – Schalom – Salam!“ war der Grundton vieler Bekenntnisse. Den Worten und Gebeten ließ die Synode Taten folgen und beschloss einstimmig die Anschubfinanzierung eines Besuchs- und Begegnungsprojekt von Menschen jüdischen Glaubens und nach Möglichkeit auch mit einem/r muslimischen Vertreter/in vor allem in Schulen in Bonn und der Region. Das Motto dieses von der Christlich-Jüdischen Gesellschaft in Bonn jüngst initiierten Projekts ist „Wir wünschen Frieden für alle“.

2.000 Euro gibt es dafür sofort und in Abstimmung des Projekts mit dem Evangelischen Schulreferat, das auch schon Angebote in diesem Bereich bietet. Zugleich appelliert die Synode an Bund, Land und Stadt, solche Projekte umgehend in der Regelförderung zur Sicherung der Demokratie aufzunehmen.

Schulden-Erlass für arme Länder und Kirchenasyl

Die 82 gewählten Vertreterinnen und Vertreter aus zwölf Kirchengemeinden des Bonner Kirchenkreises beschlossen zudem mit großer Mehrheit, sich der „Erlass-Jahr-Kampagne“ anzuschließen. Auch das Thema Kirchenasyl war Thema, eingebracht vom Almut Schubert vom Ausschuss für Migration. „Ein wirksames Instrument, um in begründeten Einzelfällen besonderen Härtefällen eine bessere Lebensperspektive zu er öffnen.“ 98 Prozent der Fälle werden im Nachhinein anerkannt, ergänzte der stellvertretender Superintendent Uwe Grieser, Pfarrer der Trinitatiskirchengemeinde Endenich, die selbst schon Kirchenasyl geboten hat.

Eckhardt Altemüller, Pfarrer der Kirchengemeinde Vorgebirge und Synodalbeauftragter für den christlichen-jüdischen Dialog (Foto: J. Nolte)

Superintendent Pistorius: „Stresstest für unsere Kirche“

Wirksam bleiben und wahrnehmbar: In seinem sehr grundlegenden Jahresbericht, der vor allem ein Ausblick war, sprach Superintendent Pistorius auch selbstkritisch „Wir werden und müssen neu denken und gestalten und werden das vor allem miteinander tun. Unsere Aufgabe ist nicht der Selbsterhalt der Kirche als Eigenzweck, sondern den Menschen eine frohe Botschaft zu sagen und der Dienst am Nächsten.“

Doch es gibt finanzielle Grenzen, betonte der Superintendent auch mit Blick auf Stadt, Land und Bund: „Ich sehe nicht, wie angesichts der defizitären Haushalte, die Kirchengemeinden ohne eine volle Trägerkostenübernahme die Trägerschaft der Kindertagesstätten aufrechterhalten werden kann – und diese Situation gibt es ja nicht nur bei den kirchlichen Trägern.“ Zugleich kritisierte er scharf „eine Entsolidarisierung angesichts der Tarifsteigerungen, mit denen die freien Träger weitgehend alleingelassen werden. Wenn beispielsweise die geförderten Personalkosten für die Beratungsstelle seitens des Landschaftsverbandes für die nächsten fünf Jahre auf dem Niveau von 2022 eingefroren werden, ist das schlicht unsolidarisch und unanständig.“

Hier Bericht zum Nachlesen: Bericht des Superintendenten_2023 Fassung

Stimmungsvoll wie nachdenklich hatte die Synode am Freitagabend mit einem Gottesdienst in der Schlosskirche, gestaltet von den Klinikseelsorger*innen des Kirchenkreises, begonnen.

Wirksam in der Stadtgesellschaft

Breite Zustimmung gab es zur Zusammenführung der Arbeitsgebiete Bildung durch das Evangelische Forum mit der Stadtkirchenarbeit und dem Kirchenpavillon (Kipa), um diese wichtige Arbeit gemeinsam zu profilieren. Martina Baur-Schäfer, langjährige Kipa-Leiterin, und Pfarrer Martin Engels, Leiter des Evangelischen Forum, der im Januar als Bevollmächtigter der evangelischen Kirche bei Landtag und Landesregierung wechselt, zeigten mit viel Expertise wie Kirche auch kirchenferne Menschen in der Stadtgesellschaft erreicht. Das machte viel Mut, die Präsenz evangelischer Kirche in der Stadt mit Ausstrahlung darüber hinaus weiter zu profilieren. Die Nachfolge der Leitung dieser dem Bonner Protestanten wo wichtigen Arbeit wird gerade als Pfarrstelle ausgeschrieben.

Evangelische Kirche in Bonn und Region mit klarer Haltung (Foto: J. Gerhardt)

Bürgermeisterin Mayer: „Evangelische Kirche ist Brückenbauerin unserer Stadtgesellschaft“

Bürgermeisterin Gaby Mayer hatte in ihrem Grußwort am Samstag ausdrücklich die evangelische Kirche als „Brückenbauerin in der Stadtgesellschaft“ gewürdigt. Beispielhaft nannte sie den vom Kirchenkreis und der Diakonie invitierten „Runden Tisch Kaiserplatz“ sowie die Bonner Kirchennacht.

Vorfreude auf das große gemeinsame Tauffest der Region am 29. Juni 2024

Neue Zielgruppen erreichen verspricht auch das große Tauffest, das die evangelische Kirche in Bonn und der Region am Samstag, 29. Juni 2024 auf dem Festivalgelände Kunstrasen am Rhein veranstaltet. Der Bonner Kunstrasen wird zum Taufrasen und wer möchte, kann sogar im Rhein taufen. Motto. „Dich schickt der Himmel“ ist das Motto. Dabei der größte Kinderchor unserer Region und manche Überraschung mehr, versprach Pfarrer Niels Wey vom Orga-Team. Viel Zuspruch auch der Bonner Synode. (Weitere Infos zum Tauffest hier )

Die Evangelische Kirche in Bonn und der Region ist in Bewegung: Aus den vier neu Kooperationsräumen der Kirchengemeinden berichteten die Gemeinden, wie sie ihre Zusammenarbeit weiter ausbauen, um gemeinsam als evangelische Kirche vor Ort eben auch wahrnehmbar und wirksam zu sein und zu bleiben.

Dank und Segen

Dank für Henrike Westphal, Jugendleiterin der Johanniskirchengemeinde Duisdorf, die einstimmig gewählt wurde, den Bonner Kirchenkreis im Jugendwerk Rhein-Sieg-Bonn zu vertreten. Und ebenso Dank und viel Applaus am Ende zweier lange Synodentage an die scheidenden Martin Engels sowie Ulrich Hamacher, langjähriger Geschäftsführer des Diakonischen Werks Bonn und Region, das Bonner Gesicht der Diakonie, so vielfach wahrnehmbar und wirksam in der Stadtgesellschaft und darüber hinaus“, dankte Superintendent Pistorius mit dem Segen für alle.

Pfarrerin Jutta Tzschiesche (Foto J. Nolte)

Synode nachschauen im Internet

Sie können die Tagung der Synode, live übertragen, können Sie jetzt noch nachschauen auf der YouTube-Seite des Evangelischen Kirchenkreises Bonn:
https://www.youtube.com/@evangelischerkirchenkreisb5375

Hier die Links direkt zum Stream:
Freitag ab 19.30 Uhr: https://youtube.com/live/RMxK_bp6784?feature=share
Samstag ab 9.00 Uhr: https://youtube.com/live/fPEzkEi2UPI?feature=share

(18.11.2023 / Joachim Gerhardt)

„Gott ist nah bei den Menschen, seien wir es auch“: Stimmungsvoller wie nachdenklicher Gottesdienst zum Auftakt der Bonner Kreissynode in der Schlosskirche gestaltet von den Klinikseelsorger*innen des Kirchenkreises (Foto: J.Gerhardt)

  • 18.11.2023
  • Red
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