Mecker-Tag

Kirche in WDR3 | 15.04.2024 | 00:00 Uhr

Guten Morgen,

heute ist Meckertag. Ja, Sie

hören richtig. Den gibt´s. Er ist in den USA entstanden, wo am 15. April immer

Stichtag für die Einkommenssteuerklärung ist. Er passt, auch ohne den konkreten

Anlass, gut in diese Zeiten. Denn Meckern ist gerade in – bei uns im Land und

anderswo auch. Die Liste ist lang. Klar, wenn etwas nicht gut funktioniert, ist

es wichtig, zu meckern. Damit sich die Dinge bessern und die Politik darauf

aufmerksam wird, was sich unbedingt ändern muss. Das Recht zu demonstrieren ist

ja nichts anderes, als das Recht, sich über Missstände zu beschweren. Für das,

was speziell vor der eigenen Haustür nervt, gibt es extra Meckerstunden vor

Ort, auch genannt Bürgersprechstunden. Da kann man dann seinen Ärger über

Schlaglöcher, Hundedreck auf den Bürgersteigen und zu viele Autos im

Wohnviertel loswerden. Und dann

gibts hoffentlich bald mehr Hundekotbeutel-Spender oder eine Reparatur an der

Straße oder Anwohner-Parkausweise und autofreie Zonen.

Gefährlich wird es, wenn drauflosgemeckert wird, ohne dass man die

Sachlage genau kennt. Zum Beispiel über Menschen, die vermeintlich unser

Sozialsystem ausnutzen. Geflüchtete, die – so glaubt man – zu uns kommen wegen

der Sozialleistungen; Asylsuchende, die angeblich Einheimischen die Arzttermine

wegschnappen; Menschen, die von Bürgergeld leben, weil das vermeintlich höher

ist, als wenn sie arbeiten gehen, und, und, und.

Auch hier gilt: Wenn ein Anliegen berechtigt ist, kann es benannt

werden. Dann kann oder muss die die ein oder andere Form der Unterstützung

anders geregelt werden, damit es gerechter zugeht.

Wichtig ist also zu unterscheiden: Wo ist meckern angesagt und

berechtigt und wo schwingen andere Dinge mit. Dass ich vielleicht etwas

verliere von dem, was ich mir hart erarbeiten musste.

So wichtig Meckern ist – um mir mal Luft zu machen oder auch ernsthaft

etwas zu verändern – mir ging vor einiger Zeit das Herz auf, als mir in einem

Bibelvers eine ganz andere Haltung entgegengekommen ist. Und ich dachte, wenn

man die Lage so betrachtet, lebt es sich doch viel zufriedener und der

Zusammenhalt unter all den verschiedenen Menschen in unserem Land wächst. Da

sagt ein König: „Was bin ich? Was ist mein Volk, dass wir freiwillig so viel zu

geben vermochten? Von dir (Gott) ist alles gekommen und von deiner Hand haben

wir dir´s gegeben.“ (Rev. Lutherbibel von 1984, 1. Chronik 29,14)

Ich finde, es ein Geschenk, dass wir in einem Land leben, das so viel zu

bieten hat an Wohlstand und sozialen Leistungen, dass wir davon sogar noch

abgeben können aneinander und sogar an Menschen anderswo. Kein Mensch hat es in

der Hand, wo er geboren wird und wie seine Lebensbedingungen sind. Ich bin dankbar,

dass wir uns in Deutschland ein System geschaffen haben, mit dem die Stärkeren

die Schwächeren unterstützen. Klar, auch in biblischen Zeiten haben die

Menschen oft am liebsten für den eigenen Kirchturm und die Belange unmittelbar

vor der eigenen Tür gegeben. Da musste Jesus schon ganz schön dagegen anreden.

Vieles von dem, was ich habe, ist zum Teil hart verdient. Und doch

bleibt es ein Geschenk, dass ich lebe und wie ich lebe. Das könnte mich

großzügig machen, statt engherzig und meckerig. Ein großzügiger Mensch gibt

gern, damit es allen gut geht.

Ihre Barbara Schwahn, Krefeld.

Quelle:

https://www.kuriose-feiertage.de/mecker-tag/ (letzter Abruf

10.03.24)

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63753_WDR35240415Schwahn.mp3

  • 15.4.2024
  • Dr. Barbara Schwahn
  • © CCO Pixabay
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