Guten Morgen!
„Ist das
unfair!“, denke ich. Ich stehe in der langen Schlange am Gemüsestand auf dem Markt.
Da kommt einer von der anderen Seite auf den Stand zu und wird tatsächlich vor
uns anderen drangenommen. Ein Raunen geht durch die Wartenden in der Schlange.
Ist das unfair!
Die meisten
haben ja ein feines Gespür dafür, wenn es an fairem Miteinander mangelt. Unfair
behandelt zu werden, fühlt sich nicht gut an. Manchmal macht es mich sogar
aggressiv. Für unser Zusammenleben ist es wichtig, dass wir fair miteinander
umgehen.
Mir ist dabei
die so genannte „Goldene Regel“ wichtig. Nach dem Matthäusevangelium in der
Bibel schließt Jesus seine berühmte Bergpredigt mit dieser Regel ab. Diese
kurze Faustregel verleiht der Rede Nachdruck. Da heißt es: „Behandelt andere
Menschen genauso, wie ihr selbst behandelt werden wollt.“ (1) So sieht fairer
und menschlicher Umgang miteinander aus, meint Jesus. Und das Schöne ist: Diese
Worte verbinden viele Menschen unterschiedlicher Religionen und
Weltanschauungen miteinander. Fast alle großen Weltreligionen kennen eine
ähnliche Regel.
So heißt es
etwa im Hinduismus: „Man sollte sich gegenüber anderen nicht in einer Weise
benehmen, die für einen selbst unangenehm ist.“ (2)
Oft zielen
die verschiedenen Formen der Goldenen Regel darauf, etwas zu lassen, wie auch
in dem Sprichwort: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem
andern zu.“
Das besondere
an Jesu Form der Goldenen Regel ist, dass sie nicht nur dazu auffordert, Dinge
zu unterlassen, die man für sich selbst nicht möchte. Vielmehr fordert sie dazu
auf, aktiv zu handeln. „Behandelt andere Menschen genauso, wie ihr selbst
behandelt werden wollt.“ So einfach die Worte klingen, sie haben es in sich.
Nicht nur den Menschen etwas Gutes tun, die mir vorher auch Gutes getan haben.
Vielmehr aktiv anfangen. Den ersten Schritt tun. Nicht abwarten und die anderen
erst mal machen lassen. Nicht unser Tun an dem der Anderen ausrichten, sondern
an dem, wie wir es gerne für uns hätten.
Wenn es für
mich wichtig ist, dass mir jemand mit Verständnis begegnet, bemühe ich mich
selbst darum, andere zu verstehen. Wenn Offenheit und Respekt wertvoll für mich
sind, dann fange ich selbst an, anderen offen und respektvoll entgegenzutreten
– auch Menschen mit Meinungen, die für mich schwer erträglich sind.
Fairness ist
eine Absage daran, nur sich und den eigenen Vorteil zu sehen und zu suchen.
Fairness heißt: Ich gewinne eine innere Haltung, die vom anderen her denkt.
Dazu versetze ich mich in das Gegenüber hinein. Und wenn ich dabei ganz genau
hinschaue, sehe ich: Da sind viele Facetten in so einer Persönlichkeit. Ich
kann sie nicht mit einem einzigen Etikett versehen. Mein Gegenüber ist ein von
Gott geliebtes Geschöpf, mit ganz vielen verschiedenen Qualitäten
ausgestattet
„Behandelt
andere Menschen genauso, wie ihr selbst behandelt werden wollt.“ Ich will, dass
jemand genau hinsieht, und mich nicht schnell in eine Schublade steckt. Wenn
wir das schaffen, wird unser Miteinander fairer aussehen und im besten Fall machen
andere uns das nach.
Es grüßt Sie Ihr Dietmar Arends, Landessuperintendent aus Detmold.
Quellen:
(1)
Matthäus 7,12 – BasisBibel.
(2) Mahabharata
XIII, 114,8.
Redaktion:
Landespfarrerin
Petra Schulze
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