Fairness

Kirche in WDR3 | 03.04.2024 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

„Ist das

unfair!“, denke ich. Ich stehe in der langen Schlange am Gemüsestand auf dem Markt.

Da kommt einer von der anderen Seite auf den Stand zu und wird tatsächlich vor

uns anderen drangenommen. Ein Raunen geht durch die Wartenden in der Schlange.

Ist das unfair!

Die meisten

haben ja ein feines Gespür dafür, wenn es an fairem Miteinander mangelt. Unfair

behandelt zu werden, fühlt sich nicht gut an. Manchmal macht es mich sogar

aggressiv. Für unser Zusammenleben ist es wichtig, dass wir fair miteinander

umgehen.

Mir ist dabei

die so genannte „Goldene Regel“ wichtig. Nach dem Matthäusevangelium in der

Bibel schließt Jesus seine berühmte Bergpredigt mit dieser Regel ab. Diese

kurze Faustregel verleiht der Rede Nachdruck. Da heißt es: „Behandelt andere

Menschen genauso, wie ihr selbst behandelt werden wollt.“ (1) So sieht fairer

und menschlicher Umgang miteinander aus, meint Jesus. Und das Schöne ist: Diese

Worte verbinden viele Menschen unterschiedlicher Religionen und

Weltanschauungen miteinander. Fast alle großen Weltreligionen kennen eine

ähnliche Regel.

So heißt es

etwa im Hinduismus: „Man sollte sich gegenüber anderen nicht in einer Weise

benehmen, die für einen selbst unangenehm ist.“ (2)

Oft zielen

die verschiedenen Formen der Goldenen Regel darauf, etwas zu lassen, wie auch

in dem Sprichwort: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem

andern zu.“

Das besondere

an Jesu Form der Goldenen Regel ist, dass sie nicht nur dazu auffordert, Dinge

zu unterlassen, die man für sich selbst nicht möchte. Vielmehr fordert sie dazu

auf, aktiv zu handeln. „Behandelt andere Menschen genauso, wie ihr selbst

behandelt werden wollt.“ So einfach die Worte klingen, sie haben es in sich.

Nicht nur den Menschen etwas Gutes tun, die mir vorher auch Gutes getan haben.

Vielmehr aktiv anfangen. Den ersten Schritt tun. Nicht abwarten und die anderen

erst mal machen lassen. Nicht unser Tun an dem der Anderen ausrichten, sondern

an dem, wie wir es gerne für uns hätten.

Wenn es für

mich wichtig ist, dass mir jemand mit Verständnis begegnet, bemühe ich mich

selbst darum, andere zu verstehen. Wenn Offenheit und Respekt wertvoll für mich

sind, dann fange ich selbst an, anderen offen und respektvoll entgegenzutreten

– auch Menschen mit Meinungen, die für mich schwer erträglich sind.

Fairness ist

eine Absage daran, nur sich und den eigenen Vorteil zu sehen und zu suchen.

Fairness heißt: Ich gewinne eine innere Haltung, die vom anderen her denkt.

Dazu versetze ich mich in das Gegenüber hinein. Und wenn ich dabei ganz genau

hinschaue, sehe ich: Da sind viele Facetten in so einer Persönlichkeit. Ich

kann sie nicht mit einem einzigen Etikett versehen. Mein Gegenüber ist ein von

Gott geliebtes Geschöpf, mit ganz vielen verschiedenen Qualitäten

ausgestattet

„Behandelt

andere Menschen genauso, wie ihr selbst behandelt werden wollt.“ Ich will, dass

jemand genau hinsieht, und mich nicht schnell in eine Schublade steckt. Wenn

wir das schaffen, wird unser Miteinander fairer aussehen und im besten Fall machen

andere uns das nach.

Es grüßt Sie Ihr Dietmar Arends, Landessuperintendent aus Detmold.

Quellen:

(1)

Matthäus 7,12 – BasisBibel.

(2) Mahabharata

XIII, 114,8.

Redaktion:

Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63615_WDR35240403Arends.mp3

  • 3.4.2024
  • Dietmar Arends
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