Hand ins Feuer?

Kirche in WDR3 | 21.03.2024 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

Rund zehn Kilometer südlich

von Canterbury, gleich hinterm Kanal, liegt der kleine Ort Bekesbourne. Nur ein

paar Häuser, eine Kirche und ein Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert.

Das gehörte mal dem

Schriftsteller Ian Fleming. Es heißt, dass hier die Geschichte für Octopussy,

den James Bond Film entstand. Lange vor Fleming gehörte das Herrenhaus Thomas

Cranmer, dem Erzbischof von Canterbury. Wenn man so will, dem Gründer der Church

of England, der Anglikanischen Kirche. Heute am 21. März ist sein Geburtstag

und sein Gedenktag im Heiligenkalender dieser Kirche.

Die Church of England ist im

16. Jahrhundert durch einen Streit entstanden. König Heinrich der VIII verließ

seine Ehefrau Katharina von Aragón und heiratete Anne Boleyn. Erzbischof Thomas

Cranmer erkannte gegen den Willen des Papstes diese Heirat an und damit auch

die Scheidung des Königs von seiner ersten Frau. So trennten sich die Wege der englischen

Kirche von Rom und man wandte sich den Protestanten in Deutschland zu.

Seither, seit Heinrich und

Thomas und Anne und Katharina wurden in den evangelischen Kirchen nach und nach

Scheidung und Wiederheirat erlaubt. Weil die Liebe schwer ist und weil Menschen

Menschen sind und weil Gott Gott ist.

Gewiss, im Streit damals,

ging es kaum um das bittere Ende von Liebe und Treue zwischen zwei Menschen. Es

war viel weltlicher Machtpoker im Spiel bei der Scheidung Heinrichs von

Katharina. Und doch bleibt ja die Frage, was heilloser Streit, zerbrochene Liebe

und ein gebrochenes Treueversprechen vor Gott heißen und nicht heißen kann.

Thomas Cranmer, der die

Scheidung Heinrichs für rechtens erklärte, ist kein typischer Glaubensheld. Er

hat selbst erfahren, was Scheitern ist. Nicht in der Ehe, sondern im Glauben.

Lang hatte er gewartet, öffentlich zu bekennen, dass er Martin Luthers

evangelische Lehre für richtig hält. Und dann, als wieder ein papsttreuer

Herrscher in England die Krone trug, ist er, der oberste Repräsentant der

Kirche von England, bald eingeknickt. Aus Angst vor der Folter verrät er seine

Überzeugungen schriftlich und mündlich.

Genützt hat es ihm nicht. Er

wird zum Tod durch das Feuer verurteilt. Und es heißt, dass er kurz davor noch

tapfer seinen Glauben bekannt hat. Ja, er soll sogar die Hand, mit der er das

Widerrufsschreiben signiert hatte, zuerst ins Feuer gehalten haben. Aber das

klingt schon wieder zu sehr nach frommem James Bond – nach Glaubenstriumph und

religiösem Actionheld.

Das Leben von Thomas Cranmer

erzählt von einem christlichen Glauben, in dem ich scheitern, Fehler machen und

zugeben darf. In der Bibel ist das sehr schön beschrieben: Wenn du meinst, dass

du ohne Schuld und Sünde bist, betrügst du dich selbst und bist nicht

wahrhaftig. Aber wenn du es zugibst, ist Gott treu und gerecht, und ermöglicht dir

neu anzufangen.

Ich darf also scheitern und

Fehler zugeben und dann darauf vertrauen, dass Gott zu mir steht, mir vergibt

und mich neu werden lässt.

Das will ich üben: im Leben

und Lieben und Glauben, weil Gott treu ist und gerecht.

Einen guten Tag, wünscht

Ihnen Ihr Jan-Dirk Döhling aus Bielefeld.

Redaktion:

Landespfarrerin

Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63590_WDR35240321Doehling.mp3

  • 21.3.2024
  • Jan-Dirk Döhling
  • cco pixabay
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