Guten Morgen.
Rund zehn Kilometer südlich
von Canterbury, gleich hinterm Kanal, liegt der kleine Ort Bekesbourne. Nur ein
paar Häuser, eine Kirche und ein Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert.
Das gehörte mal dem
Schriftsteller Ian Fleming. Es heißt, dass hier die Geschichte für Octopussy,
den James Bond Film entstand. Lange vor Fleming gehörte das Herrenhaus Thomas
Cranmer, dem Erzbischof von Canterbury. Wenn man so will, dem Gründer der Church
of England, der Anglikanischen Kirche. Heute am 21. März ist sein Geburtstag
und sein Gedenktag im Heiligenkalender dieser Kirche.
Die Church of England ist im
16. Jahrhundert durch einen Streit entstanden. König Heinrich der VIII verließ
seine Ehefrau Katharina von Aragón und heiratete Anne Boleyn. Erzbischof Thomas
Cranmer erkannte gegen den Willen des Papstes diese Heirat an und damit auch
die Scheidung des Königs von seiner ersten Frau. So trennten sich die Wege der englischen
Kirche von Rom und man wandte sich den Protestanten in Deutschland zu.
Seither, seit Heinrich und
Thomas und Anne und Katharina wurden in den evangelischen Kirchen nach und nach
Scheidung und Wiederheirat erlaubt. Weil die Liebe schwer ist und weil Menschen
Menschen sind und weil Gott Gott ist.
Gewiss, im Streit damals,
ging es kaum um das bittere Ende von Liebe und Treue zwischen zwei Menschen. Es
war viel weltlicher Machtpoker im Spiel bei der Scheidung Heinrichs von
Katharina. Und doch bleibt ja die Frage, was heilloser Streit, zerbrochene Liebe
und ein gebrochenes Treueversprechen vor Gott heißen und nicht heißen kann.
Thomas Cranmer, der die
Scheidung Heinrichs für rechtens erklärte, ist kein typischer Glaubensheld. Er
hat selbst erfahren, was Scheitern ist. Nicht in der Ehe, sondern im Glauben.
Lang hatte er gewartet, öffentlich zu bekennen, dass er Martin Luthers
evangelische Lehre für richtig hält. Und dann, als wieder ein papsttreuer
Herrscher in England die Krone trug, ist er, der oberste Repräsentant der
Kirche von England, bald eingeknickt. Aus Angst vor der Folter verrät er seine
Überzeugungen schriftlich und mündlich.
Genützt hat es ihm nicht. Er
wird zum Tod durch das Feuer verurteilt. Und es heißt, dass er kurz davor noch
tapfer seinen Glauben bekannt hat. Ja, er soll sogar die Hand, mit der er das
Widerrufsschreiben signiert hatte, zuerst ins Feuer gehalten haben. Aber das
klingt schon wieder zu sehr nach frommem James Bond – nach Glaubenstriumph und
religiösem Actionheld.
Das Leben von Thomas Cranmer
erzählt von einem christlichen Glauben, in dem ich scheitern, Fehler machen und
zugeben darf. In der Bibel ist das sehr schön beschrieben: Wenn du meinst, dass
du ohne Schuld und Sünde bist, betrügst du dich selbst und bist nicht
wahrhaftig. Aber wenn du es zugibst, ist Gott treu und gerecht, und ermöglicht dir
neu anzufangen.
Ich darf also scheitern und
Fehler zugeben und dann darauf vertrauen, dass Gott zu mir steht, mir vergibt
und mich neu werden lässt.
Das will ich üben: im Leben
und Lieben und Glauben, weil Gott treu ist und gerecht.
Einen guten Tag, wünscht
Ihnen Ihr Jan-Dirk Döhling aus Bielefeld.
Redaktion:
Landespfarrerin
Petra Schulze
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