Unglaubliches glauben!

Sonntagskirche | 31.03.2024 | 00:00 Uhr

Einen gesegneten Ostermorgen.

Es war in Moskau zur Zeit der

kommunistischen Herrschaft, im Gefängnis der damaligen Geheimpolizei. Eine der

Gefangenen ist Natalia von Arseniew. Sie erzählt später von einem sie

berührenden Erlebnis, das sie an diesem Ort des Schreckens hatte: „Eines Abends

flüsterte mir meine junge Mitgefangene in der Zelle zu: `Wissen Sie, was morgen

für ein Tag ist? Morgen ist Ostern!` Ostern [- so Natalia von Arseniew -] ist

ein Fest der Freude für die ganze Menschheit. Nur wir waren von dieser Freude

ausgeschlossen. Trostlos und bedrückt ging ich den Flur entlang. Plötzlich

durchbrach ein Schrei die bedrückende Stille: `Christus ist auferstanden!` Wer

hatte es bloß gewagt, unseren Ostergruß zu rufen? Ich sah meine junge

Leidensgefährtin an. Ihre großen Augen leuchteten im blassen Gesicht. Da

erklang auch schon die Antwort. Aus jeder der Zellen ertönten die freudigen

Stimmen: `Er ist wahrhaftig auferstanden!` Die Wächter waren sprachlos.

Versteinert vor Erstaunen. Dann jedoch stürzten sie sich auf meine junge

Mitgefangene und schleppten sie brutal mit sich. Nach vier Tagen wurde sie in

meine Zelle zurückgebracht. Ihr Gesicht sah elend und abgemagert aus, Man hatte

sie die Ostertage über in einer ungeheizten Zelle frieren und hungern lassen.

`Ich habe aber doch die Osterbotschaft im Gefängnis verkündet`, sagte sie mit

leuchtenden Augen. `Alles andere ist ja nicht so wichtig!`“ (1)

Auch mich berührt der Mut dieser

jungen Frau sehr. Ich glaube nicht, dass ich diesen Mut gehabt hätte. Mitten im

Gefängnis, in einem Regime, in dem das christliche Bekenntnis hart bestraft

wurde. Was diese junge Frau und auch ihre Mitgefangenen in dem Osterruf „Er ist

wahrhaftig auferstanden“ ausdrücken, ist ihre Hoffnung auf Leben. Auf ein Ende

ihres Leidens. Sie vertrauen darauf,

dass es nochmal einen Neuanfang gibt. Denn Ostern ist das Fest der Auferweckung

Jesu zu neuem Leben. Ostern ist für Christen das älteste und auch wichtigste

Fest im Kirchenjahr. Die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi ist das

Fundament des christlichen Glaubens. Sehr schön drückt das für mich der Bischof

von Limburg Georg Bätzing aus, indem er sagt: Die Auferstehung Jesu setzt der

„Eskalation der Krisen und der Gewalt“ die „Eskalation des Lebens und der

Liebe“ (2) entgegen.

Wie das heute aussehen kann, erkenne

ich an mutigen Menschen wie der jungen Frau im Gefängnis oder Alexej Nawalny

und seiner Familie. Sie geben nicht auf für Gerechtigkeit zu kämpfen. Jesus

selbst hat das vorgelebt. So rastet er einmal im Tempel wütend aus, weil ihm

der Ort heiliger ist als das große Geld. Die damaligen Verhältnisse stellt er

auf den Kopf und sorgt für Gerechtigkeit. Alexej Nawalny wurde einmal gefragt,

welcher Politiker für ihn ein Vorbild sei. „Jesus Christus“ war seine Antwort.

(3) Für mich ist Jesus so etwas wie ein Revolutionär. Er predigt den Verzicht

auf Gewalt und das Doppelgebot der Liebe zu Gott und meinem Gegenüber.

Jesus spornt mich an, laut zu

werden, wenn ich etwas ungerecht finde. Er hat auch oft meine kleine Welt auf

den Kopf gestellt. Und mir immer wieder den Blick auf etwas Neues und

Ermutigendes geschenkt. Ich wünsche auch Ihnen heute den hoffnungsvollen Blick

auf das, was für Sie eine Chance zum Neubeginn sein kann. Ein gesegnetes

Osterfest.

Quellen:

( 1 ) Abbé Pierre Lefévre (hg),

Unser Glaube in Kurzgeschichten, Kath. Schriftenmission, Leutesdorf. Autor

dieser Geschichte „unbekannt“, zitiert nach: Losungen für junge Leute, 06.11.2017, Herrnhuter Brüdergemeine, Herrnhut.

( 2 ) https://www.dw.com/de/christliche-kirchen-predigen-hoffnung-in-zeiten-des-ukraine-kriegs/a-65268076 (abgerufen am 27.02.24)

( 3 ) https://www.zeit.de/kultur/film/2024-02/becoming-nawalny-putins-staatsfeind-doku-ard-rezension

Zur Dokumentation: "Becoming Nawalny – Putins

Staatsfeind Nr. 1" ist den ARD- und Arte-Mediatheken abrufbar und lief am

Mittwoch, 21. Februar, um 00.30 Uhr auf Arte.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63621_SK240331Brueck.mp3

  • 31.3.2024
  • Werner Brück
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