Guten Morgen,
als ich noch ganz klein war, und das ist lange her, haben unsere
Großeltern noch Zeitungspapier kleingeschnitten und als Toilettenpapier
benutzt. Gebadet wurde einmal in der Woche, sonst tat´s der Waschlappen. Da war
man noch genügsam. Und hat geschätzt, was man hat, wenn es auch nur wenig war.
Als Studentin habe ich meine Wäsche im Wachsalon gewaschen. Und ich habe dort
immer wieder einen Mann getroffen: Der legte seine längst zerschlissene und
vollkommen unmoderne Jeans jedes Mal nach dem Waschen und Trocknen so liebevoll
zusammen, als wäre es ein neu angeschafftes, teures Markenmodell. Bis heute
habe ich das Bild vor Augen, weil mich das so beeindruckt hat. Mit der Zeit hat
sich unser Wohlstand immer mehr gesteigert. Über Jahrzehnte ging es bergauf,
wir konnten uns immer mehr leisten, es ging uns immer besser. Und es gab nur
eine Richtung: immer mehr, immer weiter, immer höher. Das Ergebnis ist: In
wenigen Wochen, am 2. Mai, ist für uns in Deutschland schon Erdüberlastungstag
oder auch Welterschöpfungstag genannt. Das heißt: Ab dann leben wir auf Pump. Bis
dahin haben wir alle nachwachsenden Ressourcen in Deutschland für dieses Jahr
schon verbraucht. Und wenn alle auf der Erde so viel verbrauchen würden wie wir
in Deutschland, stünde die Erde vor dem Kollaps. Damit sind wir mit unserem
Verbrauch an auch schon im obersten Drittel von allen Ländern der Erde und
rücken immer weiter nach vorne. Qatar ist schon Anfang Februar soweit gewesen,
Indonesien erst im November. Der „End of Fish Day“, der Tag der Überfischung
2024 bei uns, war sogar schon Ende Februar. Bis dahin hatten wir die
Fischreserven aus der Nord- und Ostsee für das ganze Jahr schon aufgebraucht. Und
wir müssten bis Silvester auf Fisch verzichten. Doch wir holen uns Fische aus
anderen Meeren der Welt – und fischen die damit leer. Wenn wir hier die
Notbremse ziehen wollen, müssen wir wieder genügsamer werden. Unsere Haltung
zum Konsum und zum „Immer-höher-immer-weiter“ ändern. Die Wirtschaft und die
Industrie insgesamt und wir, jede und jeder für sich. Da wo die Politik es
bisher versucht hat, zum Beispiel beim Energiesparen, gab es riesige Proteste,
weil wir persönlich auf etwas Komfort verzichten sollten. Das möchte niemand.
Verzichten macht unzufrieden. Etwas nicht zu bekommen, was man so gerne hätte,
führt zu Protest. Genügsam zu sein, macht einen aber zufriedener. Das heißt
nämlich; Ich brauche gar nicht mehr so viel. Ich habe gar nicht mehr den Drang,
immer mehr haben zu wollen. Mir reicht, was ich habe, ich bin dankbar dafür.
Ich lerne zu schätzen, was ich habe und konzentriere mich auf das, was im Leben
sonst noch wichtig oder sogar viel wichtiger ist. Was oftmals auch nichts
kostet und die Erde nicht ausbeutet. In der Bibel ist da vom christlichen
Glauben die Rede, vom Beten, Gottesdienst feiern und von einem Leben voller
Nächstenliebe. Da steht: „Richtig verstanden ist die Ausübung des Glaubens ein
großer Gewinn – wenn man dabei noch genügsam ist. Denn wir haben nichts in die
Welt mitgebracht. Also können wir auch nichts aus ihr mitnehmen. Wenn wir
Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen.“ (1. Timotheus 6,6-8,
Basis-Bibel) Genügsam zu sein macht zufrieden, gibt Sinn und entlastet die
Erde. Was für eine rundum gute Idee.
Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und WDR
5:)
Findet Ihre Barbara Schwahn, Krefeld.
Quelle: https://overshoot.footprintnetwork.org/newsroom/country-overshoot-days/
(letzter Abruf 10.03.24)
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/end-of-fish-day-deutsche-fischreserven-in-nord-und-ostsee-fur-2024-bereits-heute-aufgebraucht-11285905.html (letzter Abruf 10.03.24)
Redaktion:
Landespfarrerin Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63754_WDR35240416Schwahn.mp3