Guten Morgen!
Während meiner Zeit als Pfarrer
in einer ostfriesischen Kirchengemeinde ist mir dieses Bild sehr oft begegnet.
Es zeigt zwei feingliedrige Hände, die zum Gebet zusammengelegt sind und
Richtung Himmel weisen. Es ist es wahrscheinlich eine der bekanntesten
Zeichnungen überhaupt: die „betenden Hände“ von Albrecht Dürer. Ich begegne
diesen Händen als Zeichnung oder Relief in den Fluren oder im Wohnzimmer vieler
Häuser. Und manchmal hängen sie bei der Aussegnung Verstorbener im Schlafzimmer
über dem Bett. Vielen Menschen ist die Zeichnung der betenden Hände wichtig und
begleitet sie durch ihr Leben. Sie stehen für die Hoffnung, dass ich mich
vertrauensvoll an Gott wenden kann – mit allem, was mir auf dem Herzen liegt.
Und Gott hört zu.
Albrecht Dürer, der Zeichner
dieser berühmten Hände, starb heute vor knapp 500 Jahren im Alter von 56 Jahren
in Nürnberg. Albrecht Dürer war als talentierter und berühmter Maler eine Art
Superstar seiner Zeit. Er fertigte über 1000 Zeichnungen und Gemälde an, dazu
Radierungen, Holz- und Kupferstiche. Er betrieb ein bemerkenswertes Marketing,
hatte ein extravagantes Auftreten, verwendete ein unverwechselbares Logo und
malte sich häufig selbst in seine Gemälde hinein.
Seine „betenden Hände“ allerdings
wurden erst im letzten Jahrhundert richtig berühmt; sie wurden zu seinem
bekanntesten Werk. Dabei waren sie eigentlich nur die Vorarbeiten für ein
Altarbild, das bei Dürer in Auftrag gegeben wurde. Zur Vorbereitung zeichnete
er die betenden Hände eines Apostels und verwendete seine eigenen Hände dabei
als Muster. Das Altarbild verbrannte später, aber die betenden Hände
überdauerten.
Albrecht Dürer schuf eine große
Zahl religiöser Werke. Er war selbst fest verwurzelt im christlichen Glauben.
Seine „betenden Hände“ zeigen einen intensiven Augenblick der Frömmigkeit und
des Gebets, des Gesprächs mit Gott.
Manche beten in der Haltung, wie
es diese Hände zeigen, andere beten mit ineinander gelegten Händen und
verschränkten Fingern. Beide Gebetshaltungen helfen mir, mich innerlich und
äußerlich zu sammeln. Alle Tätigkeiten, mit denen die Hände sonst beschäftigt
sind, ruhen jetzt. Ich kann mich konzentrieren und zur Ruhe kommen. Meine
Gedanken sortieren, sie aussprechen und in die Stille hören.
Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts
Emnid beten mehr als die Hälfte der Deutschen. Aber nur wenige reden darüber.
Die Menschen in der Bibel sind da nicht so zurückhaltend. „Gott ist nahe allen,
die ihn anrufen“ (1), sagt da jemand voller Überzeugung. Das möchte ich gerne
glauben. Manchmal frage ich mich: Ist Gott wirklich so nah? Hört Gott mich
wirklich? Es gibt Momente, da bin ich enttäuscht. Zum Beispiel, wenn etwas
worauf ich so stark gehofft hatte, nicht in Erfüllung geht.
Aber das Beten ist ja mehr als
wünschen. Das Gebet ist Ausdruck meiner Suche nach Gott. Und manchmal spüre ich
dann, dass es wahr ist: „Gott ist nahe allen, die ihn anrufen.“
Ich sehe es als ein Geschenk,
dass ich mich im Gebet an Gott wenden kann. Daran erinnern mich Dürers betende
Hände.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und WDR
5:)
Es grüßt Sie herzlich, Ihr
Dietmar Arends, Landessuperintendent aus Detmold.
Quellen:
( 1 ) Psalm 145,18, Luther Bibel 2017.
Redaktion:
Landespfarrerin
Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/63618_WDR35240406Arends.mp3